FILMPRODUKTIONEN
Anfang der 80er Jahre drehte ich, unter tatkräftiger Mithilfe meines Freundes und Schriftstellerkollegen Rolf W. Michael, ein paar Gruselfilme. Trotz abendfüllender Spielfilmlänge natürlich nicht in perfektionistischer Qualität, sondern just for fun und mit unzulänglicher Technik, unzulänglichen Requisiten und – hm – unzulänglichen Darstellern, die unserem Freundes- und Bekanntenkreis entstammten, uns teilweise recht tatkräftig und engagiert unterstützten und denen hier einmal mein Dank ausgesprochen sei für alle Mühen, die sie auf sich nahmen, um mein und Rolfs Projekt zu verwirklichen.
Die Filme werden, ein den Mitspielern gegebenes Versprechen haltend, nur bei Conventions aufgeführt, sie werden nicht weiter kopiert und kein schwungvoller Handel damit betrieben; wer also in den Genuß kommen möchte, sie zu sehen, wird nicht umhin können, einen dieser Cons zu besuchen. Wenn es zu einer Aufführung kommt und welchen der Filme es jeweils zu sehen gibt, findet sich in den entsprechenden Programminfos der Veranstalter und wird auch im Rahmen dieser Homepage als Veranstaltungshinweis bekanntgegeben.
Für alle, denen ein solcher Live-Genuß entgeht und die sich dennoch für die Filme interessieren, gibt es nachstehend einen ausführlichen Artikel über die damaligen Projekte, mit einer Menge Fotos ergänzt und illustriert. Vorsicht ist allerdings geboten: des umfangreichen Materials wegen kann es zum »L hoch 3-Ärgernis« kommen: zu lausig langen Ladezeiten!
Wie schon erwähnt, sind die Filme alles andere als perfekt und wurden und werden deshalb auch immer wieder stark kritisiert und bemängelt. Auch, um zu erklären, warum wir's seinerzeit nicht besser machen konnten, hat Rolf Michael schon anno 1993 einen Artikel verfaßt, der zunächst in einem Fan-Magazin gedruckt und später auch ins Internet gestellt wurde. Mit Rolfs freundlicher Erlaubnis habe ich diesen Text hier – in etwas gestraffter und behutsam bearbeiteter Form – übernommen; das Original steht zum Download bei Thomas »Sarkana« Königs »Merlins Stern Kids« bereit und findet sich auch erneut in gedruckter Form im von arkham-press herausgegebenen und über die Romantruhe erhältlichen »Merlins Stern Sonderband 2«. Aber – die Fotos, die gibt's nur hier!
Und jetzt: viel Spaß mit Rolfs amüsanten Film-Geschichten …!
Rolf Michael
»Ihr sollt nicht lachen! – Ihr sollt euch fürchten!«
- Die cineastischen Produkte der Herren Lamont –
Dieses Zitat des obersten Robert Lamont anläßlich der feierlichen Premiere des Films »Satans Todesschwadron« stehe zu Anfang dieser kleinen Erinnerungen früher Tage. Obwohl es weder in den einschlägigen Zeitschriften der Regenbogenpresse stand und Hollywood keine Notiz davon nahm, ist es doch wahr, daß ein Roman der Serie »Professor ZAMORRA« auch verfilmt wurde.
Buch, Regie, Schnitt, Trick, Ton und die Hauptdarsteller – alles machte Meister Lamont damals selbst.
In der Zeit von ca. 1980 bis 1983 entstanden drei Filme, von denen ich hier berichten will. Und die Krönung dieser cineastischen Zitronenernte, der dritte Streifen, war »Satans Todesschwadron«, der ZAMORRA-Film.
Dieser Artikel erschien überigens bereits unter dem Titel »Hollywood im Habichts-Wood« im Fanzine des »Marburger Horror Clubs« (heute: »Marburger Verein für Phantastik e.V.«) als Fortsetzungsartikel.
Sicher hat nur der Leser dieser Zeilen den richtigen Genuß, der die geschilderten Filme auch kennt. Vielleicht überreden die Convent-Veranstalter Werner, die Streifen mal wieder vorzuführen.
Natürlich wissen wir, daß wir vieles hätten besser machen können – aber zu damaligen Zeiten und den im Folgenden geschilderten Umständen war einfach nicht mehr möglich. Wir hatten wie weiland der selige Ed Wood ein sehr enges Buget, kurze Drehzeit und durchwegs Laienschauspieler. Und wie der genannte Ed Wood mit Begeisterung seine Filme fertigstellte, so gingen auch wir an die Arbeit, die zum überwiegenden Teil Improvisation war. Nun gut, man nennt Ed Wood den schlechtesten Regisseur aller Zeiten. Aber seine Filme, in denen er selbstgebastelte fliegende Untertassen an Angelschnüren vor der Kamera schweben läßt, sind heute trotz perfekter STAR WARS-Technik Kult. Was hätte Ed Wood leisten könen, hätte ihm nur ein Bruchteil einer Spielberg-Produktion oder die Arbeit von »Industrial Light and Magic« zur Verfügung gestanden! Und ich versichere, daß unsere Streifen von der Story seinerzeit reif für die Filmtheater gewesen wären. Warum wir aber unsere cineastischen Produkte so und nicht anders abschließen mußten, davon sollen diese Zeilen der staunenden Nachwelt berichten.
In den 80ern, in denen sie gedreht wurden, waren die Streifen fast auf jedem Con zu bewundern. Für das heutige Fandom sind sie vergessen. Hauptsächlich lag es daran, daß es bei Vorführungen der Filme immer wieder Kritiker gab, die diese Arbeiten lächerlich machten. Gewiß, manche Dinge wirken darin komisch. Mal sind die Dialoge nicht sonderlich geistreich und passen nicht zur Lippen-Synchronisation, oder Szenen sind zu lang und hindern dadurch den Spannungsfluß. Unter Dämonengewändern sind Jeans und T-Shirts zu erkennen, und die Tricktechnik mag einen George Lucas in den Selbstmord treiben. Aber Ed Wood, der wird sich von oben oder von unten eins gegrinst haben – endlich mal jemand, der einen Film noch billiger runterkurbelte als er zu seinen Lebzeiten (by the way, es gibt auch einen Film über Ed Wood und wie seine Filme zustande kamen – er war es übrigens, der Bela Lugosi, den legendären Dracula, in seinen letzten Rollen auf Zelluloid bannte).
Die selbsternannten Kritiker des Fandoms machen bei ihren Bewertungen den eminenten Fehler, unsere Filme mit Profi-Produktionen zu vergleichen. Und trotz aller großsprecherischen Äußerungen gewisser Besserwisser hat es im Horror-Phantastik-Fandom bis heute noch niemand fertiggebracht, etwas Gleichwertiges, wenn nicht Besseres zu schaffen. Und das im Zeitalter der Video-Technik, wo man immer wieder überspielen kann. Bei uns kostete jeder Zentimeter Film Geld – auf das Gesamtprodukt gerechnet verdammt viel Geld. Also, wer erzählt, daß er es besser kann, der beweise es Werner und mir. Hic Rhodos, hic salta.
Jeder der Leute, die damals meckerten, posaunte, daß er das alles besser gekonnt hätte. Ganz sicher … jedenfalls mit dem Mundwerk, denn auf Zelluloid steht der Beweis noch aus. Und den Beweis, daß es gelingt, mit den gleichen primitiven technischen Mitteln, unzureichenden Requisiten sowie mit wetterabhängigen Drehorten ohne Studio etwas Besseres zu schaffen, ist man Werner und mir noch schuldig geblieben. Bei all den finanziellen und technischen Unzulänglichkeiten hatten wir auch noch das Vergnügen, mit ungeübten Darstellern zu arbeiten, die man noch dazu an jedem Drehtag anflehen mußte, doch etwas von ihrer kostbaren Freizeit zur Verfügung zu stellen. Dazu kamen Drehbücher, die ständig aus einer veränderten Situation heraus neu gestaltet werden mußten. Und dennoch gelang es uns mit viel Enthusiasmus, zwei fast abendfüllende Spielfilme zu gestalten.
Wenn man Spielfilme dreht, müssen drei Dinge stimmen:
1. Die Technik! Wir hatten eine Super-8 Kamera mit Tonspur, dazu einige Trick-Objektive, eine selbstgebaute Spiegel-Kiste in der Art einer Blue-Screen-Box für kleine Trick-Aufnahmen sowie ein Cassetten-Tonband für die Aufnahme der Musik. Dazu diverse, meist selbst geschneiderte Kostüme, Dämonenmasken aus Latex und ein recht umfangreiches Arsenal an Ritterwaffen. (Etwas verzweifelte Anmerkung von WKG: Diese »Spiegel-Kiste« war alles andere als selbstgebaut, sondern ein für eine Menge Geld gekauftes Trick-Kopier-Gerät, das die Möglichkeit besaß, über zwei Filmprojektoren Szenen ineinander zu kopieren oder Einblendungen zu gestalten. Sorry, Rolf, aber Du hast das Gerät wohl nie gesehen, weil ich die entsprechenden Trick-Arbeiten in Lippstadt im stillen Kämmerlein machte …)
2. Die Darsteller! Einige unserer Akteure hatten niemals einen ZAMORRA-Roman gelesen. Außerdem war es nicht so, daß sie die Filme unbedingt zum eigenen Projekt machten. Wir hatten unsere Drehtermine gefälligst so zu legen, wann unsere Damen und Herren Filmstars Zeit hatten. Schließlich war es ja Werners Film – und ihre kostbare Freizeit.
3. Das Geld! Ja, und das zahlte W. K. Giesa aus eigener Tasche. Das Schlußbudget für den »ZAMORRA« lag, wenn ich mich recht erinnere, bei 800 DM (ca. 400 Euro) für das Film-Material. Wenn man bedenkt, daß vor fast zehn Jahren (Zur Erinnerung: dieser Text wurde 1993 verfaßt) die Preise noch wesentlich niedriger waren als heute und daß die Streifen als Privatvergnügen finanziert wurde, ohne einen Hauch der Chance, einen Teil der Auslagen wieder herein zu bekommen, ist das eigentlich ein recht stolzer Betrag, den Werner da investiert hat. Diverse Nebenkosten, die ich im Einzelnen nicht mehr aufschlüsseln kann, die aber auch recht hoch waren, kamen zu den reinen Kosten für das Filmmaterial dazu. (Noch eine kurze Anmerkung WKG's dazu: Die Materialkosten waren eher höher, und die Technik, die hinzugekauften Requisiten – zu denen wir die im nächsten Absatz genannten Kleinigkeiten durchaus hinzurechnen müssen; allein Willibald, etwa 1980 in Oldenburg eher im Vorbeigehen gekauft, schlug mit ziemlich exakt 800,00 DM inkl. MwSt. (etwa 400 Neuro) zu Buche, von den nicht gerade billigen Masken, Schwertern etc. gar nicht erst zu reden –, die Fahrtkosten und diverse Spesen für drehschlußbedingte Fressorgien mit der ganzen Truppe in einem gewissen Kasseler China-Restaurant – der Inhaber des Goldenen Drachen, Peter Lol-Chan, wird's uns auf Knien gedankt haben –, treiben die Gesamtproduktion in einen durchaus fünfstelligen Bereich … Aber Spaß gemacht hat's trotzdem!)
Die Finanzierung der Filme klappte nur, weil Werner keine Gagen zu zahlen brauchte und es gelang, uns bekannte vorhandene Örtlichkeiten und Situationen geschickt für die Handlung auszunutzen. Und die Handlung mußte eben so abgestimmt werden, wie es im Kasseler Raum Gebäude und Einrichtungen gab, die eine einigermaßen passende Kulisse boten und deren Benutzung nichts kostete. Vorteilhaft war, daß die Requisiten, d.h. Waffen, Gewänder, Latex-Masken sowie Gaststar Willibald ohnehin zu Werners und meinem Inventar gehörten. Ach ja, Willibald ist ein Skelett … alte »ZAMORRA«-Leser kennen ihn aus meinem Roman »Geister-Party« und von ihm wird nachfolgend noch einiges zu erzählen sein.
Wenn man diese technischen, personellen und finanziellen Unzulänglichkeiten zugrunde legt, dann ist auch für den Laien erkennbar, warum die Filme nicht besser und perfekter werden konnten. Die beiden Groß-Filme laufen jeweils über eine Stunde und alleine das Schnittmaterial macht ein kleines Vermögen aus. Das verschnittene Zeug wurde noch mal extra zusammengekleistert und bildet den »Film zum Film«, wo wirklich aller Murks zu sehen ist. Da wir so viel wie möglich an Szenen im Film erhalten wollten, wirken verschiedene Passagen zu langatmig und nehmen der Handlung den nötigen Drive. Gelegentlich wurden diese Länge gelassen, um die Musik richtig zur Wirkung zu bringen. Denn die Background-Musik mußten wir zur Handlung einpassen. Und oft mußten wir lange suchen, bis wir in meinen Platten oder denen, die Werner mitbrachte, die passende Melodie fanden. Ein Sinfonieorchester hätte nicht in mein Wohnzimmer gepaßt und John Williams als Komponist hätte das Budget nur unnötig belastet.
Als Opern-Fan und Wagnerianer sorgte ich natürlich dafür, daß ein gewisser Teil der Filme mit Musik von Richard Wagner unterlegt wurde. Auch die frühe Musik von ›Rondo Venezianio‹ eignete sich vorzüglich. Abgerundet wurde alles vom »Conan«-Soundtrack, und einiges ist aus der Original-LP des ersten »Winnetou«-Films (Angriff auf die Planwagen etc.). Wenn ich allein an die Nächte denke, die Werner und ich mit Schnitt und Soundtrack zugebracht haben … Aber davon wird noch im Detail zu reden sein. Denn der Worte sind genug gewechselt – laßt uns nun endlich Taten sehn …
Denn nun kommen wir endlich zur Handlung der drei Filme und der Beschreibung der unorthodoxen, anarchistischen Dreharbeiten!
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Kassel-Helleb., im Februar 1993
Überarbeitet in Felsberg-Rhünda, im August 1999
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