PROFESSOR ZAMORRA –
SATANS TODESSCHWADRON


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Rolf Michael
»Ihr sollt nicht lachen! – Ihr sollt euch fürchten!«
- Die cineastischen Produkte der Herren Lamont –

Schon auf dem Con, der die Uraufführung von »Das Grauen aus der Gruft« erlebte, verkündeten wir ein neues Film-Projekt. Diesmal wollten das Wagnis eingehen und tatsächlich »Professor ZAMORRA« verfilmen. Und wir wußten genau, daß wir damit in verdammt große Stiefel stiegen.
     Beim nächsten Mal wird alles besser. Und diesmal sollte alles nicht nur besser, sondern viel besser werden. Immerhin hatten wir genügend Fehler gemacht, aus denen wir lernen konnten.
     Das Film-Team bestand vorläufig erst mal aus den beiden Herrn Lamont. Auch Regina und Christina, die wieder mit dabei sein wollten, sagten fest zu. Und diesmal versprachen sie, alles zu geben, was an Enthusiasmus und Schauspielkunst drin war. Sandra mochte nicht mehr, dafür aber eine ihrer Freundinnen namens Alexandra.
Peter Michael, Chris Berninger, Rolf Michael und Regina Stübgen      »Wenn wir alle richtig mithelfen, dann wird es diesmal besser!« flötete Tinchen, die unbedingt die Rolle der Nicole Duval spielen wollte. Schon damals war erkennbar, daß sie für diesen Part eine absolute Fehlbesetzung war. Denn Christinas stämmiger Körper mit den üppigen Brüsten hat mit der zierlichen Französin der Romane nicht viel gemeinsam und vermochte auch nicht, die Figur der Nicole Duval in den aus den Romanhandlungen bekannnten Bewegungsabläufen überzeugend darzustellen. Denn so zärtlich und anschmiegsam wie Zamorras Roman-Gefährtin ist Tinchen nur bei ganz bestimmten Typen. Bedauerlicherweise sehen diese Typen aber aus wie der BRAVO-Boy des Monats und nicht wie W. K. Giesa. Und der Ober-Lamont verkörperte selbstverständlich die Titelrolle.
     Eigentlich wollte Werner mir ja den Part des Zamorra zuschieben, wegen der blauen Augen und blonden Haare. Allerdings war ich sicher, daß mein damaliger Vollbart bei einer überzeugenden Charakterisierung vom Typus des Bastei-blonden Romanhelden gestört hätte. Dazu kommt, daß Zamorra Franzose ist – und das sind im allgemeinen dunkle Typen. Also mußte Werner diesmal den Helden spielen und ich stürzte mich auf meinen besonderen Höllen-Liebling, wie er in jenen Tagen in den ZAMORRA-Romanen beschrieben war. Klar, damit ist der ›Assi‹ gemeint.
     Den Part des Asmodis zu spielen war so reizvoll, wie mich diese Figur in den Romanen schon immer fasziniert hat, als er noch richtiger Teufel war. Wenn ich mir den Streifen heute so betrachte, ist der Assi nicht mal schlecht verkörpert. Allerdings wurde in feierlichen Einstellungen wie z. B. der Höllenszene am Anfang des Filmes mit den übertrieben pathetischen Bewegungen eines Stummfilmstars der 20er Jahre gearbeitet. Max Schreck, der Nosferatu, hat sicher in seiner Dimension Tränen gelacht …
     Als wir den ZAMORRA-Film zu drehen begannen, hatte das Projekt noch keinen Namen. Wir nannten es erst sehr viel später:

SATANS TODESSCHWADRON

Bevor ich mit dem Drama der Dreharbeiten beginne, erst ein kurzer Abriß der Handlung, die dem später geschriebenen gleichnamigen PZ-Roman Nr. 265 als Vorlage diente:
     Wie beim Beginn eines damaligen ZAMORRA-Romans üblich, hat Asmodis in der Hölle mal wieder ganz unten beim Chef anzutanzen und sich seinen üblichen Elfmeter abzuholen. Sein Amtsleiter Lucifuge Rofocale will wissen, wie weit die Bearbeitung des Falles ›Zamorra‹ gediehen sei. Asmodis druckst rum wie ein Finanzbeamter, der bürgernahe Verwaltung betrieben hat.
     Aber diesmal bekommt Asmodis nicht nur einen Rüffel vom Alten, sondern auch die Auflage, die Angelegenheit endlich zu Ende zu bringen. Und für diesen entscheidenden Schlag erhält Asmodis vom Höllenkaiser LUZIFER höchstpersönlich Hilfe. Die Macht von Old Lucie fließt als Blitz aus Lucifuge Rofocales Hand durch das ausgestreckte Schwert des Asmodis. Und durch die Klinge dringen die schwarzmagischen Kräfte in die Substanz des Fürsten der Finsternis ein.
     Durch diese geheime Kraft LUZIFERs bekommt Asmodis die Möglichkeit, seine Kraft zu teilen. Er selbst wird schwächer, doch aus seiner Energie entstehen sieben Dämonen, von denen er Zamorra angreifen lassen will. Aus der Entfernung vermag Asmodis diese Dämonen seiner eigenen Substanz zu steuern.
     Der Fürst der Finsternis sendet die sieben Dämonen unkontrolliert auf die Welt. Dort sollen sie allen möglichen Unsinn anstellen, damit Zamorra auf sie aufmerksam wird und sich ihnen zum Kampf stellt. Einem dieser Höllensöhne wird es wohl gelingen, Zamorra zu besiegen.
     Um es kurz zu machen – es gelingt gar keinem der Höllensöhne. Denn Zamorra ist nicht alleine. Durch Colonel Odinsson aufmerksam gemacht, sucht er Merlin auf, der ihm zwar nicht helfen kann, aber dafür Gryf und Teri Rheken als Hilfstruppen mitgibt.
     Und die beliebten Serien-Helden teilen sich die Dämonen brüderlich – nur Zamorra als Oberheld darf einen Dämon mehr killen. Asmodis, der durch die Abgabe der Dämonenenergie so menschlich wurde, daß er sich in ein hübsches Mädchen wirklich sterblich verliebte, spürt unter Schmerzen den Tod jedes einzelnen Dämonen. In der Gestalt eines Raben ist er bei jeder Dämonen-Vernichtung anwesend.
     Also der Assi hatte sich verliebt … allerdings sehr unglücklich, wie sich das für eine tragische Figur gehört, wie sie Asmodis damals war. Da sich seine höllische Wesenheit in sieben anderen Körpern befindet, ist der Macht-Dämon menschlichen Gefühlen preisgegeben, die er sonst nicht verspürt. Und obwohl er den harten Macho spielt, spürt der Teufel hier die Kraft der Liebe. Doch je mehr Dämonen des Siebengestirns vernichtet werden und ihre Teufelskraft wieder mit Asmodis verschmilzt, umso mehr wird Asmodis wieder ein Sohn der Hölle. Als das Mädchen ihn abweist, lodert der Zorn des Höllensohns empor und er sendet einen Dämon des Siebengestirns nicht zur Jagd auf Zamorra, sondern zur Rache an dem Mädchen. Aber weil das Ganze eine im Film eine unbedeutende Nebenhandlung ist, soll sie hier nicht weiter erzählt werden. Sie hatte den Zweck, einen Dämon zu killen und Gryf aus der Szene zu nehmen. Der Druide konnte dann mit dem vom Assi geliebten Girly abziehen, weil sein Vorhandensein in der weiteren Handlung einen Helden zu viel bedeutet hätte.
     Den vorletzten Dämon des Siebengestirns killt Teri Rheken mit dem Zauberbogen. Da erscheint Asmodis, der durch den Tod des sechsten Dämons fast seine alte Stärke zurückgewonnen hat. Er besiegt Teri im magischen Duell und verschleppt sie zu den Felsen von Ash'Naduur. Hier findet sich auch Zamorra wieder, nachdem er den letzen Dämon per Amulett zum Teufel geschickt hat.
Regina Stübgen als »Teri Rheken«      Majestätisch erscheint Asmodis und bietet Zamorra den Zweikampf an. Teri ist der Preis für den Sieger. Durch einen Machtspruch des Asmodis wird die Druidin in einen magisch versiegelten Tempel gesperrt, aus dem sie Nicole erst nach mehreren vergeblichen Versuchen befreien kann. Sie ruft das Amulett und Merlins Stern siegt über die Zauberbande des Asmodis.
     Zamorra hat Gwaiyur, das Schwert der Gewalten, gerufen und kämpft damit gegen Asmodis. Der Teufel kämpft erst fair, dann mit allen miesen Tricks. Als Asmodis erkennt, daß er Zamorra nicht mit dem Schwert besiegen kann, zaubert er zwei lebendige Totenschädel herbei. Er wirft sie Zamorra entgegen. Sofort verbeißen sich die Zähne der Schädel in Zamorras Armen und machen ihn wehrlos. Mit schmerzverzerrtem Gesicht geht er zu Boden. Der Teufel triumphiert und will den Unterlegenen mit dem Höllenschwert enthaupten.
     Doch als Asmodis sein Höllenschwert zum letzten Schlag erhebt, rennt Nicole heran, ergreift Gwaiyur und haut Asmodis die rechte Hand ab. Das war ein Momenteinfall des Films mit weitreichender Wirkung in der späteren Romanhandlung. Denn dafür bekommt Asmodis später von Amun-Re seine künstliche Hand, die er einen Gedanken weit werfen kann.
     Der Teufel ist besiegt, und Zamorra will die Welt nun endlich von diesem Höllensohn befreien. Doch bevor Zamorra seinerseits Asmodis erschlagen kann, schiebt sich Merlins Bild zwischen sie. Der Verlust der Hand zeugt für Asmodis vor Satans Thron und die Partie ist wieder mal unentschieden. Der Teufel verschwindet in die Hölle.
     So weit die grob umrissene Handlung. Zu kleinen Details komme ich bei der Beschreibung unserer Pleiten, Pech und Pannen bei den Dreharbeiten.
Christina Berninger als »Nicole Duval«      Eigentlich sollte der Film eine ganz andere Handlung haben. Denn Tinchen, unser Jedi-Ritter, wollte doch unbedingt in einem Raumschiff mit dem Laserschwert wirbeln und ein Blaster-High-Noon mit den Meeghs ausfechten. Die Maske einer Fliege hatten wir und die langen, sterilen Gänge unseres Rathausneubaus sowie das Mischpult des großen Bürgersaales hätten eine improvisierte Raumschiffkulisse hergegeben, wie wir es ja schon bei der Planung für den »REN DHARK«-Film vorgehabt hatten – da hätte die Fliegen-Maske einen Nogk dargestellt). Aber irgendwie erwies sich die Handlung mit Meeghs und Raumschiffen als zu kompliziert. Mit viel Glück gelang es uns, die bereits für dieses Konzept gedrehten Szenen in anderer Deutung mit in den neuen Film einzubauen.
     Frage mich bitte niemand mehr nach der ursprünglichen Meegh-Story … die ist im Wind der Vergangenheit verweht und ich habe sie vergessen. Aber die Szenen sind jene, die wir damals beim Marlos-Con in Nürnberg gedreht haben.
     Dan Shocker bekam die Rolle Merlins. Wir nahmen sein Gesicht ca. 30 Sekunden vor einer schwarzen Wand (mein Vampir-Umhang) auf, weil wir diese Aufnahmen in den laufenden Film später einkopierten. Ich hatte die Asmodis-Maske samt meinem schwarz-roten Vampirumhang dabei … und bei der Szene auf der Nürnberger Rathaustreppe sieht man das Western-Hemd darunter nicht so sehr. Hexen-Hermanns Fellmantel war auch an Bord (den hatte er beim Zelten vergessen) und selbstverständlich war das ganze Sammelsurium der Dämonen-Masken vorhanden. Was lag also näher, als beim Marlos-Con in Nürnberg einige Szenen zu drehen.
     Natürlich sollte etwas schwarzer Humor in den Film mit einfließen, wie er damals beim ZAMORRA gut ankam. Und die Götter waren uns hold, daß nicht nur der »DÄMONEN-KILLER« damals wieder anlief, sondern gleichzeitig der größte »DÄMONEN-KILLER«-Fan des Universums und der umliegenden Ortschaften anwesend war. Na, ihr könnt fragen, wer das ist. Na klar, Uwe Schnabel natürlich. Die ihm zugedachte Szene planten Werner und ich bereits auf der Autobahn, denn bei welchem Marlos-Con wäre Dan Shockers Butler nicht anwesend?
     Der liebe Uwe Schnabel durfte also zuerst sterben. Denn in seiner Filmszene las er jenes Heft mit der Head-Line »DÄMONEN-KILLER«. Und auf so einen Schriftzug reagieren Dämonen so allergisch wie ein Amtsrat auf Beamtenwitze. Welcher Höllensohn mag schon einen »Dämonenkiller« – es sei denn jenen Drink aus Schwefel und Kaliumpermanganat mit einem Schuß flüssiger Lava, der ganz unten in der Taverne ›Zum fröhlichen Pferdefuß‹ gemixt wird.
     »Das da mögen wir nicht!« Die Kralle einer mächtigen Latex-Klaue weist im Film auf den Namenszug der leider zu früh von uns gegangenen Horror-Serie. Und bevor Marlos-Uwe noch den Versuch einer schauspielerischen Leistung erbringen kann, geht's ihm schon an den Kragen. Uns' Uwe bekommt den Hals 'rumgedreht.
     Das ›Halsumdrehen‹ war sehr einfach, denn Uwe Schnabel zog nur das Hemd verkehrt 'rum an und durfte sich mit so umgedrehtem Hals wieder als Leiche auf den Tisch legen. Die Sache sah täuschend echt aus. Klappe zu … Uwe tot … Hexen-Hermann in der Rolle des Werwolfs hatte vorzügliche Arbeit geleistet.
     Das nächste Opfer von Nürnberg war die im Fandom allseits beliebte Mechthild Weichel. Ein Dämon sollte sie anfallen und würgen. Dabei sollte sie gefälligst recht malerisch sterben.
     Aber Mechthild ist ja nicht nur absoluter Dan-Shocker-Fan, sondern auch ZAMORRA-Leserin. So hat sie seit Jahren Erfahrung und Wissen gesammelt, was zu tun sei, wenn ihr ein Schwarzblütiger an die Wäsche will. Nur wußte das weder Hexen-Hermann mit der Insektenmaske noch W. K. Giesa als Regisseur und Kameramann dieser Szene.
     Mechthild wartete also brav, bis Hermann sie wie ein Sittenstrolch anfiel. Als der Werwolf von der Waterkant hinter der Hauswand mit hoch erhobenen Armen hervor preschte, zückte Mechthild Weichel mit unglaublichem van-Helsing-Charme ein Kreuz. Da sich auch Hexen-Hermann seit Jahren durch einschlägige Literatur auf diese Rolle vorbereitet hatte und außerdem seinerzeit bei irgend einem Kehdinger Bauerntheater den jugendlichen Liebhaber oder so was (wer hat hier was von »Dorfdepp« gemurmelt) darstellte, wurde diese kleine Panne sofort Bestandteil des Filmes. Hermann tat das, was seit Bram Stoker jeder Vampir tut, wenn er ein Kreuz sieht. Er drehte bei, ging auf Gegenkurs und setzte sich ab. Zurück blieb Mechthild mit reichlich belämmerten Blick. Immerhin wußte sie nicht, wie es nun weiter gehen sollte … Wir fanden den Gag gelungen und beschlossen, die Szene so zu übernehmen.
     Mit der Einstellung auf der Rathaustreppe, die Hexen-Hermann in einer ihm zwar geziemenden, aber leider von ihm selten geübten Rolle sah (er dienerte vor Asmodis, d.h. vor mir wie Sekretär Winzig vor Oberamtsrat Großkotz), waren das also die in Nürnberg aufgenommen Szenen.
     Wieder gingen einige Wochen ins Land und Werner wurde ungeduldig. Ich hatte eigentlich schon gar kein Interesse mehr an dem Projekt … und die Girlies hatten auch vergessen, daß sie im Frühjahr alle Feuer und Flamme für einen neuen Spielfilm waren. Es gab ja so viel Wichtiges wie die Wochenend-Disco, den neuen Freund und ähnliche Teenager-Zerstreuungen.
Rolf Michael ungeschminkt ... ähem!      Aber Werner kann die Leute schon motivieren, wenn er sich was in den Kopf gesetzt hat. Und irgendwann rauschte er in Kassel an, machte mit Tina und Regina einen Spaziergang im Park Wilhelmshöhe und dabei natürlich auch einige Aufnahmen. Und ich mußte am nächsten Tag 'ran. In schwarzer Klamotte mit Schwert, Umhang und Teufelsmaske mimte ich den besten Fürsten der Finsternis, den es je gegeben hat. Wenn ich mich recht erinnere, hatten wir an jenem Tage muntere 30 Grad Celsius auf dem Thermometer und ich fühlte mich in dieser Hitze unter Gewandung und Gummimaske tatsächlich wie Asmodis in der Hölle. So mag es einer Weihnachtsgans gehen, die im eigenen Saft geschmurgelt wird. Das ganze wurde unter Rot-Filter aufgenommen, und als Werner am Sonntag die Wassermassen aufnahmen, welche die Kaskaden herabrauschten, war der Höllenhintergrund perfekt. Zu einer schon in anderen Horror-Filmen für den musikalischen Hintergrund genutzen Orgel-Fuge von Johann Sebastian Bach fließen die Feuerströme der Hölle, durch die Asmodis zu seinem Gebieter schreitet. In diese Aufnahmen hinein schnitten wir dann unseren wie üblich recht reichhaltigen Vorspann. Frage beispielsweise niemand, wer »W. R. Wolf« ist … ich weiß aber, wer es geworden wäre, wenn … aber wir wollen ja hier nicht über verblichene Horror-Serien weinen.
     So gut es ging (unter der Maske sieht man so schlecht und zudem mußte ich als Asmodis den Kopf stolz hochhalten), schritt ich die Kaskaden des Herkules hinab bis zum Standbild des Neptun. Das war damals leider von irgendwelchen Banausen, im Rahmen der Documenta »Künstler« genannt, mit Grafitti besprüht. Aber da in der geheimen Offenbarung des Johannes auch steht, daß der Teufel und das Tier mit allerlei Zeichen und Symbolen beschrieben sind (z.B. die Zahl 666), ließ sich dieser Ausbruch von krankhaftem Kunst-Dilettantismus mit der Handlung vereinbaren. Ich vollzog einige Verbeugungen vor der Statue und keuchte dann mit Werner die Treppenstufen der Kaskaden wieder empor, wo wir ganz selbstverständlich ein Bierchen trinken gingen. Natürlich wurden wir wie Onkel Erichs Götter-Astronauten angestarrt, denn ich hatte zwar die Maske abgenommen, aber der Umhang, die Ehrenkette und das gegürtete Schwert war selbstverständlich nicht abgelegt worden. Sonderbar, was die Leute immer für Augen machen, wenn man in einer Gewandung erscheint, die nicht den Richtlinien der Mode-Zaren von C & A entspricht …
     Immer noch galt das alte Film-Konzept mit den Meeghs. Als Werner dann am Donnerstag der nächsten Woche wieder nach Ahnatal kam, hatte er die fertigen Filmteile dabei und drängte darauf, am folgenden Wochenende den Film fertigzustellen. Er hatte jeden in der Crew dazu telefonisch persönlich vergattert und die Zeiten abgestimmt. Denn natürlich hatte jeder am Samstag und Sonntag etwas anderes vor, das viel wichtiger war als »Werners Film«, der doch ursprünglich »Unser Film« war.
     So weit so gut und aus der Not mußte eine Tugend gemacht werden. Von unserer Koordination hätte jedes Personalbüro eines beliebigen Großkonzerns nur lernen können. Am Freitag bekamen wir keinen unserer männlichen Darsteller – aber da konnten Tina und Regina. Am Samstag konnte die Regina … und die Alexandra, eine Freundin von Tina. Tinchen konnte am Sonntag, aber nicht am Samstag.
     Ich beschwor Thor, mit Blitz und Wetter dreinzuschlagen. Alles erinnerte an die Story mit dem Wolf, der Ziege und dem Kohlkopf, die der Fährmann ans andere Ufer bringen soll.
     Die Crew der Mannersleute wurde angeführt von Michael Müller, der schon im »DRACULORD« die Kamera führte. Uwe Schnabel war auch angereist. Unser im Fandom unbekannte Freund Gerhard Giebel, auch Joe genannt, war auch mit dabei. Joe ist immer da, wenn man ihn braucht und eine echte Allzweckwaffe, die man in fast jeder Situation einsetzen kann.
Den Bogen nicht überspannen!      Mein Bruder Peter übernahm die Rolle des Druiden Gryf. Leider war er damals bei der Bundeswehr und somit mußte das »von keinem Kamm zu bändigen lange Blondhaar« Gryfs entfallen. Regina spielte die Teri Rheken, obwohl sie mit Begriffen wie »Druiden« etc. nicht viel anfangen konnte. Aber da wir ihr klar machten, daß Teri Rheken eine wunderschöne Frau mit langem Blondhaar ist, war sie einverstanden. Nur mit der für Teri typischen Garderobe haperte es. ZAMORRA-Leser wissen ja, daß die hübsche Duidin vorzugsweise nichts anhat, weil sie dann auch nichts waschen muß. Gemein war bloß, daß Regina uns was von ihrem goldfarbenen Bikini erzählte und sich dann beharrlich weigerte, das gute Stück stilecht im Film zu tragen. Schicksal, was bist du so hart …
Keiner gönnt uns was ...      An Requisiten hatten wir ohne die Visage des Asmodis sieben Dämonen-Masken und notfalls sieben Gewänder, falls man einige Umhänge mal andersrum dreht. Drei der Umhänge sind übrigens die zerschlissenen Roben von Standesbeamten, die ich seinerzeit mal aus dem Müll gefischt habe. Und selbstverständlich hatten wir ein Arsenal archaischer Waffen, das für einen mittleren Krieg gereicht hätte.
     Aber um noch irgend welche Raumschiff-Kulissen zu bauen oder andere STAR WARS-verdächtige Szenen zu drehen, hatten wir keine Zeit und schon gar kein Geld. So saßen Werner und ich mit einem Kasten Bier und einem Raben zusammen und kamen zur der Erkenntnis, das wir in dieser Nacht ein anderes, realisierbares Konzept finden mußten.
     Und nun kam das, was man als die legendären »Bier-Konferenzen« bezeichnet. Ein Brain-Storming, wie es aus dem Fandom eigentlich nur Hexen-Hermann richtig erlebt hat. Der Ausgangspunkt unserer Überlegungen waren die bereits vorhandenen Szenen, die auf jeden Fall verwendet werden mußten. Dazu sollten unsere vorhandenen Gewänder und Waffen optimal zum Einsatz kommen.
     Es dauerte gar nicht lange und die »Gehirn-Stürme« begannen. Werner und ich warfen uns die Ideen zu wie Bälle und jeder baute auf den Vorschlägen und Erkenntnissen des anderen auf. Werner saß auf der Couch, schlürfte seinen Hopfenblütentee und machte auf einem gelben A-4-Blatt seine Notizen. Ich tigerte links die Flasche in der Hand und rechts den Raben auf der Faust im Wohnzimmer umher, weil ich dabei besser nachdenken kann.
     Die Zeit ging weit nach Mitternacht und die Ideenpotentiale unserer Großhirne rasten wie ausbrechende Vulkane. Selten haben die beiden Lamonts unter Zeitdruck einen ebenso logischen wie spannenden Handlungsaufbau mit weitreichenden Folgen erfunden. Es wurde gegen 3 Uhr morgens (mein Wecker klingelte um 5:30 Uhr) und der Bierkasten war leer, als das Konzept für den ZAMORRA-Film »Satans Todesschwadron« fertig war. Ich war fix und fertig mit den Nerven und innerlich total ausgelaugt.
     »Und was macht der siebte Dämon?« rief mir Werner nach, als ich schon halb in meinem Schlafgemach verschwunden war.
WKG und Wotan      »Den schicken wir ins Finanzamt!« gab ich zurück. Immerhin kenne ich Werners negative Vorliebe für die im Volke so beliebte Fiskalbehörde sehr wohl – zumal er damit nicht alleine auf der Welt ist. Mit diesem Gag war für jeden Dämon der Filmhandlung eine Teufelei erfunden und ein ordentliches und heftromangerechtes Ende ausgedacht, bei dem er recht malerisch sterben durfte.
     Sogar Wotan, der Rabe, bekam seine Rolle als Tarnexistenz des Asmodis. Der Vogel saß auf dem Freisitz auf der Stange und ich zog ihn an der Fußleine, so daß er ärgerlich wurde. Für seinen Part reichte diese Art der Schauspielerei vollständig. Der selige Hitchcock hat in seiner Dimension sicher bittere Tränen geweint.
     Durch den Film »Satans Todesschwadron« kam auch das Mini-Modell meines damaligen Mercedes endlich zu Ehren, das Werner mal mit der Bemerkung: »Wenn du deinen Wagen suchst … er ist hier!« auf den Tisch stellte. Nun durfte also Joe das Mini-Auto traurig betrachten, nachdem mein Mercedes in WKGs gemalter Trick-Explosion verging. Und so kann ich mir auf dem Film noch mal meine alte Bonzen-Schleuder betrachten und der Tage gedenken, als ich noch ein »Auto« fuhr …
Fast echt: »Gesupertes« Wiking-Modell in 1:87; Scan: WKG      Energieblitze, Laserstrahlen und Explosionen waren in den Film nachträglich einkopierte Zeichnungen. Werner malte eine Explosion und filmte darüber den Teil des Filmes noch mal ab. Naja, das Budget reichte nun mal nicht, um die George-Lucas-Firma »Industrial Light and Magic« zu bemühen. Also mußten Zeichnungen 'ran, um Energieblitze und Explosionen zu simulieren. Wäre vielleicht besser gewesen, dabei die Schnitte kürzer zu machen. Aber das ist heute nicht mehr zu ändern.
     Joe durfte unseren Kamera-Mann angreifen, weil Michael Müller auch mal mitschauspielern wollte. Unsere »Allzweckwaffe« mußte Mülli als Dämon anfallen und würgen.
     Beim Geiste von Gustav Gründgens! Die beiden hätten sich sicher in aller Freundschaft ernsthaft die Fresse poliert, wenn nicht das »Aus« von der Regie gekommen wäre. Und dann durfte Joe in seiner Stellung verharren, während unser Gaststar Willibald das Shirt von Michael Müller übergezogen bekam. Die Skelettierung wirkt mit Überblendung im Film gar nicht schlecht.
     Ein Teich mit einer Art Zwinger in Schloß Wilhelmstal wurde Merlins Burg. Irgendwo war es Regina gelungen, ein weißes Abendkleid zu beschaffen. Tinchen mußte aufpassen, daß ja keiner zusah, als sie sich umzog. Sehr ärgerlich, diese Sache. Und diese Umzieh-Orgie lief noch einige Male, weil Teri im Film ja mehrfach ausprobiert, was sie zur Dämonenjagd anziehen kann. Peter hatte es einfacher, weil Gryf immer im Jeans-Anzug 'rumrennt, und Werner besaß schon vorher diverse persilfarbene Anzüge. Tina trug das, was sie für modisch hielt und was Nicole Duval nie getragen hätte.
     Glühend wurde Christina von allen männlichen Wesen der Film-Crew beneidet, daß sie Regina bei der Begrüßungsszene auf Merlins Burg umarmen durfte. Ha, wer wollte da von den stärkeren Rechten des männlichen Geschlechts reden.
     Leider ist Dan Shockers Kopf als Merlin in der Einblendung kaum zu sehen. Aber von unserem primitiven Trick-Kasten habe ich ja schon berichtet. Nur die Konturen vom Gesicht des Grusel-Papstes sind zu erahnen und der im Hintergrund erklingende Trauermarsch aus der »Götterdämmerung« sorgt für einen Hauch des Geheimnisvollen, der früher im ZAMORRA die Figur des Merlin umgab.
     Überhaupt – die Musik …! In jenen Tagen wurden in der nachempfundenen Klassik durch ›Rondo Veneziano‹ neue Akzente gesetzt. Und diese Musik diente zum größten Teil der Untermalung unserer Film-Handlung. Allegro-Stücke im Mozart-Stil für Szenen mit Action und Bewegung und das ruhige »Notturno in Gondola« als Hintergrund für die Ruhephasen der Handlung zwischen den Dämonenangriffen auf Château Montagne. Zamorras Domizil wurde von Schloß Wilhelmsthal, bekannt von der früheren 1 DM-Briefmarke, recht hübsch gedoubelt. Zu der leicht an Tschaikowsky erinnernden Musik sieht man Zamorra und Nicole beim Spaziergang über gepflegten Rasen und am Schwanenteich, wo Tinchen gar zu gerne eine Ente gefangen hätte. Der Kameramann und Regisseur dieser Szene in einer Person (na, ratet mal, wer das war) hoffte nur, daß so ein Lohengrin-Vogel unsere jugendliche Heldin über die Prärie jagen würde oder daß Tinchen in ihrem Eifer, einen entfernten Verwandten Donald Ducks zu fangen, in dem See plumpste. Aber wenn es mal Pleiten, Pech und Pannen geben soll, dann passiert nichts und so gehören diese Einstellungen mit romantischer Musik untermalt eigentlich zu den Schönsten des Films.
Vor und hinter der Kamera topfit: Michael Müller      Anfangen tun diese Szenen allerdings mit einer Einstellung, die im Publikum immer wieder ungetrübte Heiterkeit hervorruft. Zamorra kommt von einer Reise zurück und läuft Nicole entgegen. Zamorra läuft in den Heften kraftvoll und elastisch. Aber bedauerlicherweise ist Werner Kurt Giesa kein Zamorra. Und von ihm, nicht von Carsten Möbius, stammt die Theorie, daß Laufen gesundheitsschädlich sei und der Herrgott dem Fuß des Menschen in allweiser Voraussicht die Form des Gaspedals gegeben hätte.
     Selbstverständlich gab es keine richtige Umarmung zwischen Zamorra und Nicole, weil Werner eben nicht wie Robin Hood, alias Michael Praed, Tinchens damaliger Bildschirm-Schwarm, aussah. Und leider ist ihr gackerndes Lachen nicht festgehalten, als ihr Zamorra den kleinen »Roth-Händle«-Aufkleber als neuen Bikini schenkt. Sie wußte nichts von diesen kleinen Attentat und ihr Minenspiel kommt im Film leider nicht so recht zum Tragen, weil der Ton nicht mitgeschnitten werden konnte.
     Uwe Schnabel, Geheimsekretär und erster Diener von Dan Shocker, spielt übrigens Raffael Bois, den alten Butler.
     Zurück zur Musik im ZAMORRA-Film. Das sturmdurchtoste Thema aus dem »Fliegenden Holländer« kündigte das Erscheinen des Asmodis an und der »Walkürenritt« diente als Untermalung für die Hölle, in der Asmodis Untergebene, die versagt haben, bestraft. Das »ZAMORRA«-Thema jedoch hatte Werner irgendwann mal während seiner literarischen Nachtschichten zufällig aufgenommen. Wir wissen weder Titel noch Interpreten.
     Wie immer hatte das ZAMORRA-Team der Gebrüder Lamont kleine augenzwinkernde Bezüge zu aktuellen Ereignissen mit eingebaut. In diesem Falle ist es ein Western-Stetson, den Asmodis in seiner Tarn-Existenz als Geschäftsmann kurzzeitig trägt und der selbstverständlich an J. R. Ewings Dallas-Oper erinnern soll. Der dahinter mit sprühender Gischt aufrauschende Brunnen des Kasseler Rathauses (heute einem sogenannten Kunstwerk gewichen) mag dem hintersinnigen Betrachter als Symbol der Seifenoper erscheinen.
     Der Friedhof mit den wunderschönen Grabmalen, auf dem wir drehten, liegt mitten in Kassels Innenstadt, stammt aus dem 18. und beginnenden 19 Jahrhundert und die Leichen sind schon längst umgebettet worden. Es liegt also kein Toten-Frevel vor, daß wir dort einige Einstellungen abdrehten. Aber als Arbeitsgebiet des Asmodis bot er die beste Dekoration. Ich hatte mich in meinen dunkelblauen Anzug gezwängt, der mir mit zwanzig Lenzen mal gepaßt hat, jedoch dann auch noch meine Hochzeit erleben durfte. Dazu kam ein feuerroter Schlips und Werners berühmtes Diplomaten-Köfferchen mit dem Pentagramm. Fertig war der Teufel. Bei der Kampf-Szene mit Teri Rheken wurde nur die Maske übergestülpt und der Umhang über die Schultern gezogen.
     In dieser Szene schießt Teri einen Pfeil auf Asmodis ab, den dieser zurückschleudert. Sie fängt ihn und windet ihn zum Armreif. Gut, daß ich Regina aus Amsterdam (von jenem berüchtigten, versoffenen Perry-Rhodan-Con) ein Spiral-Armband in Form einer Schlange mitgebracht hatte. Das konnte gleich eingesetzt werden. Und da die Schlange die Druidin beißt, bricht sie zusammen und landet in den Armen des Teufels, der sie davon trägt.
WKG und RM      Der Schwertkampf zwischen Zamorra und Asmodis leidet sehr stark darunter, daß wir annahmen, daß die Kamera schneller eingestellt war. Michael Müller, unser Kameramann, hatte sie jedoch mit Normalgeschwindigkeit laufen. Und da wir verständlicherweise mit den Schwertern vorsichtig schlugen, da ich durch die Teufels-Maske kaum etwas erkennen konnte, wirkt der ganze Kampf so lahm, als hätten wir auf dem Mond gefilmt. So wurde der Schwert-Kampf eher ein Schwert-Krampf, der durch einige Einfälle aufgelockert werden sollte, die jedoch durch falsche Kameraeinstellung und ungeschickte Dialoge nicht zum Tragen kamen. Beispielsweise wird das Schwert des Asmodis zur Peitsche, mit der Zamorra gewürgt wird. Besser gelang die Einstellung, in der Asmodis Totenschädel schleudert, die sich in Zamorras Arm verbeißen und ihn wehrlos machen. Die Gummi-Skulls machen sich recht nett in der Handlung.
     Eine Krönung der Esoterik gelang Christina als Nicole in der Szene, als sie Teri aus ihrem magischen Gefängnis befreien soll. Der sogenannte »Merkur-Tempel« liegt auf einer Anhöhe und ist eigentlich ein Säulenkreis. Naja, einige Einfälle hatten die Girlies ja, als sie vergeblich versuchten, die unsichtbare Wand zu zerschlagen. Der Spruch »Bring mir die magische Kreide«, den Alex während der Dialog-Aufnahme zu früh sagt, versaut die ganze Atmosphäre. Aber er ließ sich in der Hektik nicht mehr löschen. Denn wie beim »MAGIER«-Film mußten auch hier die Dialoge improvisiert werden. Diesmal konnte Regina nicht mehr, denn unmittelbar nach den Dreharbeiten hatte sie ihre erste große Liebe gefunden und damit das Interesse an dem Film verloren, den sie bis heute nicht in seiner entgültigen Fassung gesehen hat.
     Alexandra Mahanek, kurz Alex genannt, die als »Geliebte des Teufels« in ihrer ersten Rolle dilettieren durfte, sprach Reginas Dialoge dermaßen leiernd, daß es schon weh tat. Aber wir mußten die letzten verwehenden Spuren des Enthusiasmus ausnutzen, um die Dialoge auf den Film zu bekommen. Denn plötzlich hatte niemand mehr Interesse an diesem Projekt.
     Ich wollte aber von Tinches Esoterik berichten. Als durch eifriges ZAMORRA-Studium in den Rang einer Wissenden einzustufenden Mitarbeiterin sollte sie vor laufender Kamera impulsiv magische Symbole mit Kreide auf die Steine rund um den Merkur-Tempel zeichnen, in der unsere blonde Schönheit von unsichtbaren Wänden gefangen war. Was sie jedoch an magischen Symbolen auf die Steine kritzelte, dient in der Hölle sicherlich zur Verschärfung der Witz-Seite der höllischen BILD-Zeitung, welche die Teufel lesen müssen. In anderen Sphären müssen sich die Dämonenwesen mit vergnügtem Wiehern auf die Schenkel geschlagen haben, als sie Tinis Interpretationen von Pentagrammen und ähnlichen Bann-Symbolen sahen. Bei den einschlägig vorgebildeten Zuschauern rufen die Malkünste unserer Nicole immer laut schallende Heiterkeit hervor und es hat sich noch kein intellektueller Geist gefunden, der hier vielleicht eine Art Documenta-Kunst herausinterpretiert.
7 : 4 = ?      Es gäbe noch vieles zu berichten und von der Vielzahl der Erinnerungen kommt man etwas durcheinander. Pleiten, Pech und Pannen. Wir hatten zwar sieben Dämonenmasken, jedoch bedauerlicherweise zu wenig Leute, um das Siebengestirn in seiner Gesamtheit zu zeigen. Daher sind in der Einstellung, als Asmodis die sieben Dämonen ruft, höchstens vier Dämonen mit dem Assi im Bild. Joe, Kameramann Michael Müller, mein Bruder Peter und Uwe Schnabel stellten sie dar. Die Gewänder waren nicht nur unsere gewendeten Vampir-Umhänge und Hexen-Hermanns Fell-Mantel, sondern auch jene drei Amtsroben von Standesbeamten. Daß unter den Walle-Klamotten die unvermeidlichen Jeans mit den Turnschuhen 'rausguckten, war nur einer der vielen Schönheitsfehler, mit denen »Satans Todesschwadron« reichhaltig gesegnet ist.
     Selbst der Auftritt unseres »Gaststars« von der Kehdinger Bauern-Oper konnte eigenen Angaben zufolge das Niveau des Filmes nicht mehr retten: Hexen-Hermann bei ca. 35 Grad Wärme mit Vollbart und Norweger-Pullover als Balder Odinsson, den alte ZAMORRA-Leser sicher noch kennen. Er schmolz unter seiner Kostümierung genau so dahin wie ich unter meiner pechschwarzen Asmodis-Kleidung. Und weil wir Sadisten sind, wurde auch Manfred Feuerriegel in eine dunkle Uniform mit Mütze geklemmt. Und so spielten die beiden in einer unvergeßlichen Szene. Feuerriegel mimte einen Sergeant, der als Amtsbote eine Nachricht überbringen darf und hatte so die Möglichkeit, in meine heiligen Hallen einzudringen, die ich normalerweise vor Fans sorgsam verschließe. Und was tut ein Clubleiter nicht alles, um seine natürliche Neugier über die Privatspähre eines Autors zu befriedigen.
     Aber Manfred Feuerriegel, die Kampfkugel von Bremen, hatte noch einen anderen großen Auftritt. Denn es war das Wochenende, an dem in Ahnatal der Zelt-Con stattfand, der die Blüte des damaligen Horror-Fandoms vereinigte. Wenn man so viele in Sachen ZAMORRA vorgebildete Anti-Schauspieler parat hat, dann nutzt man das, um folgende Szene daraus zu machen. Ein Dämon erscheint auf einem Zeltplatz und metzelt mit Hieben seiner Teufels-Klauen die Leute dahin. Ein Mädchen macht per Sofortbildkamera noch ein Bild des Dämons, das Balder Odinsson auf die richtige Spur führt, der alsbald Zamorra mit der Lösung des Falles beauftragt.
     Den angreifenden Dämon spielte niemand anderes als Manni selbst. Schwarz gekleidet wie ein Sartre-Jünger war er schon und der Umhang samt der Maske machten den Dämon vollständig. Leider verrutschte die Maske ständig, so daß der liebe Manni sie während der Action immer wieder gerade rücken mußte. Vorsichtig schlich sich der fannische Ober-Guru an, während die versammelten Fans demonstrativ in ihren eigenen Fanzines oder »John-Sinclair«-Heften blätterten. Auf Kommando legte Manni los und flegelte sich wie ein Bowling-Kugel durch die fallenden Clubleiter. Am besten ›starb‹ Martin Dembowsky, der sich kompromißlos rückwärts fallen ließ, als ihn die Klaue des Dämons berührte. Er ging in seiner kleinen Rolle so richtig auf.
Manfred Feuerriegel unmaskiert      Angela Dembowsky, Martins hübsche Schwester, durfte zuletzt sterben und noch das Foto machen.
     Die letzten Szenen, die gedreht werden mußten, spielten in der Hölle und wurden mit Rot-Filter aufgenommen. In einem Lava-See werden die verdammten Seelen gefoltert und so ist Norbert Aichele, der Ober-Guru der cineastischen Kritik, dort zu sehen, wo ihn Filmemacher der Phantastik sicher hinwünschen … im flammenden Sündenpfuhl der Hölle. Vorher durfte auch Aichele nach einem Hieb des Feuerrriegel-Dämons sterben.
     Hexen-Hermann bewies, was ein Kehdinger Fußball-Torwart so drauf hat. Von Asmodis gepeitscht stürzte er wie ein Stuntman einen Hang hinunter. Da er den dicken Pelzmantel und die Maske trug, konnte ich mit den beiden Tiger-Peitschen ganz ordentlich drauf los prügeln. Gelitten haben wir aber beide unter den warmen Klamotten und den Masken, denn es waren damals weit über dreißig Grad.
     Der Film »Satans Todesschwadron« fand im Fandom geteilten Beifall und ich hoffe, daß dieser Artikel dazu beiträgt, über gewisse Schwächen großzügig hinweg zu sehen, falls der eine oder andere Leser dieser Zeilen zu den Auserwählten gehört, die ihn mal zu sehen bekommen.

Geplant war ein weiterer »ZAMORRA«-Film. Wir wollten

DIE DYNASTIE DER EWIGEN

verfilmen, bevor der Roman geschrieben wurde. Und dieser Roman hätte danach bedingt durch die Film-Handlung eine ander Fassung bekommen.
     Treibender Motor beim »Dynastie«-Projekt war damals nicht nur Werner, sondern auch eine gewisse Petra Wrobel aus Hannover. Eingeweihte wissen, daß ich diese Petra seinerzeit geheiratet habe, wir aber bereits wieder in beiderseitigem Einvernehmen und ohne Krieg und Zank glücklich geschieden sind. Petra war damals echter ZAMORRA-Fan und schrieb ein korrektes Drehbuch mit Dialogen für den geplanten Film. Und die Handlung des »Dynastie«-Filmes wurde nicht nur von Werner und mir, sondern auch maßgeblich von Petra mit entwickelt. Zufällig wurde das Drehbuch zum niemals gedrehten Film »Die Dynastie der Ewigen« wieder aufgefunden und sollte eigentlich mit Petras Erlaubnis auch im 500er Jubilämsband des EDFC erstmalig veröffentlicht werden. Aber leider ist daraus nichts geworden.
     Der Stoff für die Gewandung der Dynastie war gekauft worden, und Petra hatte auch schon die Schnalle eines Kampfgürtels mit leuchetendem Dhyarra-Kristall entwickelt. Das war eine kleine, handtellergroße Obstschale aus Plastik, blau angestrichen und mit einer kleinen Batterie und Taschenlampenbirne im Inneren versehen, die per Schaltung zu leuchten oder zu pulsieren begann. Ideen muß man eben haben, dann kann man viele Requisiten einfach und billig herstellen.
     Leider winkte unser altes Filmteam für diese Produktion ab. Regina mochte nicht mehr und Tinchen hatte auch andere Interessen. Vergeblich versuchten wir, Angela Dembowsy als Nicole Duval zu bekommen, die diese hübsche und zierliche Französin sicher besser dargestellt hätte als Christina. Angela mußte in den Ferien jobben und hatte keine Zeit, den Filmstar zu spielen. Dann kamen Werner und seine jetzige Frau Heike zusammen und das Geld des Film-Budgets wurde für die Gründung eines Hausstandes benötigt. Also wurde die Handlung der »Dynastie der Ewigen« in die bekannte Romanfassung geändert und der Film abgeblasen. Irgendwann murmelte Werner, wenn man wieder Geld da sei, wolle er Kurzfilme im Stil der »Creep-Show« drehen. Aber bis jetzt ist dieser Umstand noch nicht eingetreten.
     Inzwischen hat die verfeinerte Video-Technik die Super-Acht-Kamera längst überholt. Und dieses Medium bietet dir, liebe Leserin und lieber Leser, die Möglichkeit, es unserem Film-Team gleich zu tun. Die Camcorder wie auch die Schneidegeräte sind heute erschwinglich oder lassen sich kurzfristig leihen. Sammelt eine Crew begeisterungsfähiger Leute aus eurem Freundes- und Bekantenkreis und macht euer eigenes Hollywood auf. Laßt eure Phantasie spielen und versucht euch einmal selbst als Kameramann, Regisseur oder Schauspieler. Und dann werdet ihr schnell merken, daß es einfacher ist, über ein fertiges Produkt zu lästern als es besser zu machen.
     Ich bin sicher, daß es auf Parties oder Phantastik-Cons genügend Möglichkeiten geben wird, euere fertigen Fantasy- oder Horror-Streifen per Fernseher zu zeigen. Vielleicht kommen mal im organisierten Fandom Film-Festivals mit Prämiierung der besten Werke heraus, wie man es heute schon mit Short-Stories macht. Zeigt euch einfach kreativ. Tut selbst etwas und konsumiert nicht nur die Dinge, die euch literarisch oder cineastisch vorgesetezt werden. Notfalls bringt den Camcorder zu einem Fan-Treffen mit und dreht die vorher ausgetüftelten Szenen vor Ort mit Besuchern des Cons, die sich in eine Phantastik-Atmospähre einfinden können und präsentiert das Werk am Abend im Rahmen des gemütlichen Teils. Und wer mir da als impulsiv gedrehte Filme mit unbedarften Schauspielern bessere Produkte vorführt als unsere cineastischen Werke, dessen Lästern will ich gern ertragen.
     Denn gelästert haben viele! Besser gemacht hat es noch niemand.
     Möge die Macht der Zelluloid-Götter mit euch sein!

Kassel-Helleb., im Februar 1993
Überarbeitet in Felsberg-Rhünda, im August 1999
Copyright © by Rolf Michael

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