DIE NACHT DER REITENDEN LEICHEN (OT: LA NOCHE DEL TERROR CIEGO, Spanien/Portugal 1971)

Regie: Amando de Ossorio

Darsteller: Lone Fleming (Bella), César Burner (Roger), María Elena Arpón (Virginia), José Thelman (Pedro Candal), Rufino Inglés (Insp. Oliveira)

Länge: 96 Minuten

Nach langer Zeit habe ich mal wieder gemeinsam mit Fräulein Atali eine DVD-Sammlerbörse besucht und die Wirtschaft angekurbelt, indem ich dort ein bisschen Geld verjuxt habe. Erstanden habe ich dort neben HIGH TENSION und dem ulkigen VEGETARIERINNEN ZUR FLEISCHESLUST GEZWUNGEN – PART III (Schweinkram) auch DIE LEGENDE DER REITENDEN LEICHEN – dabei handelt es sich um eine nette Box, welche alle vier Filme um die spaßigen Gesellen enthält. Da ich gerade ausnahmsweise mal keinen Roman in der Mache und noch ein bisschen Zeit übrig hab, bis meine Nudeln fertig sind, wollen wir uns heute mal den ersten Teil der Saga näher anschauen.



Virginia, die mit ihrem Macker gerade Urlaub macht, trifft am Hotelpool zufällig ihre alte Schulfreundin Bella wieder. Diese hat mittlerweile eine eigene Firma, wo sie mit ihrer Assistentin Nina Schaufensterpuppen „nach Pariser Modell“ bastelt. Die Firma hat ihren Sitz „gleich bei dem Friedhof hinter der alten Pestkirche“, was Ginny dann doch einigermaßen gruselig findet. Als ihr Macker Roger aus dem Pool klettert, zeigt er sich höchst angetan von Bella und lädt sie gleich zum angedachten Campingausflug ein. Ginny zieht nen Flunsch, hatte sie doch eher an traute Zweisamkeit gedacht. Letztendlich fügt sie sich aber und am nächsten Tag geht die Reise los. Mit der örtlichen Dampflok macht man sich auf den Weg in die Walachei.

Für einen Campingausflug ist das lustige Trio übrigens mit bemerkenswert leichtem Gepäck unterwegs, das aber nur nebenbei.

Im Abteil zeigt sich Ginny ziemlich ungehalten darüber, wie ihr Boyfriend mit Bella herumalbert und stürmt hinaus. Als die Freundin ihr hinterherjuckelt, um die Sache geradezurücken, erfahren wir schließlich vom dunklen Punkt in der Vergangenheit der beiden jungen Damen.

„Erinnere dich an all die schönen Sachen, die ich dir gezeigt habe“, sagt Bella. Welche das waren, zeigt uns sofort eine neckische Rückblende, die man daran erkennt, dass die Darstellerinnen in dieser Szene Zöpfchen tragen. Damals, im Mädcheninternat, wurde es etwas inniger zwischen den Beiden. Beim herzigen Herumalbern im gemeinsamen Schlafgemach drückte die forsche Bella ihrer Kumpeline nämlich ein freches Bussi auf. Ginny machte daraufhin Augen wie ne Kuh, wenns donnert, um sich dann schnell stocksteif ins Bett zu legen. Es folgte ein bisschen Gefummel und schon sieht der geneigte Zuschauer Mädchenhände, die sich schüchtern schenkelwärts verirren.

Explizit wird’s natürlich nicht, schließlich sind wir nicht beim Onkel Bethmann. Das Erlebnis reichte freilich aus, die gute Ginny ordentlich zu traumatisieren. Und zwar so sehr, dass sie etwas später mitten in der Einöde kurzerhand vom Zug springt. Der Riesenstunt ist das aber jetzt kaum, da das Schienenfahrzeug nur mit etwa 5 Stundenkilometern unterwegs ist. Ungeachtet der Tatsache, dass man gerade einen Passagier verloren hat, weigert sich der Lokführer anzuhalten. Aus gutem Grund, wie Ginny bald herausfinden wird…

Schon bald findet sie nämlich den alten Friedhof samt anliegender Kirche und beschließt, in den dortigen Räumlichkeiten zu übernachten. Tjaha, das hätte sie mal besser nicht gemacht, denn in der Nacht steigen untote Knochenmänner aus den Gräbern, schwingen sich auf ihre plötzlich paratstehenden Gäule und machen sich daran, den ungebetenen Gast aufs Korn zu nehmen.

Ginny ist selbstverständlich angemessen erschrocken und nimmt die Beine in die Hand. Zwar schafft sie es noch, einen der Klepper für sich zu requirieren und flugs davonzureiten, aber die Untoten sind ihr dicht auf den Fersen – und das obwohl sie in malerischer Zeitlupe unterwegs sind. Schon bald hat man sie eingeholt und am nächsten Morgen liegt die holde Maid tot auf dem Rübenacker.

Roger und Bella haben noch keine Ahnung von diesem unerfreulichen Schicksal, sind aber höchst besorgt und beginnen nun auf eigene Faust zu ermitteln. Schnell hören sie von der unheimlichen Legende, derzufolge in den alten Ruinen anno dunnemals Tempelritter ihr Unwesen getrieben haben, die den Teufel anbeteten und dort Menschenopfer darbrachten. Dafür wurden sie dann prompt zum Tode verurteilt und flugs aufgeknüpft, wobei sich die Krähen an den Augen der Gehenkten gütlich taten. Natürlich beschließt das Pärchen, sich einmal vor Ort umzusehen.

Aber auch die mittlerweile aufgefundene und ins Leichenschauhaus verfrachtete Ginny ist noch ziemlich aktiv. Durch die Bisse der Untoten ist sie nämlich zombifiziert worden…

Tjaha, jetzt hör ich aber besser auf, bevor das hier noch aus dem Ruder läuft! Sicher könnt ihr euch schon selbst ein Bild von diesem prächtigen Film machen.

Damals waren die „Reitenden Leichen“ ein ziemlicher Kracher und lösten eine Welle von Fortsetzungen aus, die ich mir nach und nach zu Gemüte führen werde. Den Schlußpunkt der Reihe bildete ein Nachklapper von Jess Franco, nämlich DIE RESIDENZ DER REITENDEN LEICHEN, der allerdings trotz thematischer Ähnlichkeiten nichts mit der Serie zu tun hat. Dieser Film ist übrigens im Bonusmaterial der eingangs erwähnten Box enthalten, wenn auch nur im spanischen Originalton.

Heutzutage wirkt das Gezeigte ziemlich zahm. Für den eingefleischten Blutbauern sind die “Reitenden Leichen” also nix. Die saftigen Szenen sind spärlich gesät. Diesbezüglicher Höhepunkt ist sicherlich eine Rückblende, welche das ulkige Treiben der Templer zu deren Lebzeiten beleuchtet. Als nicht in den Credits aufgeführtes Opfer darf hier übrigens Britt Nichols die Hupen in die Kamera halten. Selbiges sollte sie dann zu unserem Glück in den Filmen von Jess Franco noch viel öfter tun, wie wir alle wissen. Hier wird Britt auf eher unschöne Weise mit Schwertern bearbeitet, bis der rote Saft hervortritt, an welchem sich die Templer so gerne gütlich tun.

Was an Splattereffekten fehlt, wird bei den „Reitenden Leichen“ jedoch durch massig Atmosphäre wieder wettgemacht. Freilich, man muss schon ein Herz für 70er-Jahre Euro-Horror mitbringen, um sich auf den Spaß einzulassen. Die wenigen Auftritte der Untoten sind jedenfalls durchaus spooky in Szene gesetzt. Die auferstandenen Templer sind zwar blind und bewegen sich nur in Zeitlupe fort, dennoch bringt Ossorio das Kunststück fertig, sie bedrohlich wirken zu lassen. Ihre nächtlichen Ausritte sind, besonders im Zusammenspiel mit der malerischen Ruinenlandschaft, auch heute noch einen Blick wert.

Mit der Logik nimmt der Film an der ein oder anderen Stelle nicht ganz so genau. So scheint sich die Schaufensterpuppenfabrik – entgegen einer früheren Aussage im Film – plötzlich nicht etwa in der Walachei, sondern unmittelbar neben dem Leichenschauhaus zu befinden. Auf die Zombifizierung der Templeropfer wird auch nicht näher eingegangen. Ginny erhebt sich ja, wie erwähnt, bald nach ihrem Ableben wieder, um selbst auf Beutejagd zu gehen. Ob dies auch bei den anderen Getöteten der Fall ist, erfährt der geneigte Zuschauer nicht. Aber über solche Schnitzer kann man hinwegsehen, bietet der Streifen doch ansonsten durchweg gute Unterhaltung.

Bemerkenswert für einen Film vom 1971 fand ich im Übrigen, das hier eine Schwester das Final Girl geben darf, nämlich Bella! Ups, jetzt hab ich natürlich böse gespoilert…

Mein Fazit: Schöner Klassiker und gar nicht mal so trashig, wie ihn heute viele hinstellen wollen.

Raki-o-Meter: Kann man bedenkenlos nüchtern schauen. Euro-Horror-Neulinge sollten bis zu zwei Pülleken zur Bewusstseinserweiterung im Gepäck haben. 😉

An dieser Stelle noch ein kleiner Nachtrag zur Qualität der Komplettbox:

Die einzelnen Teile sind – soweit ich das bis jetzt eruieren konnte – ungeschnitten. Bei “Die Rückkehr der reitenden Leichen” wurde teilweise auf ein TV-Master zurückgegriffen. Die entsprechenden Szenen sind leicht zu identifizieren, da hier ein eingebranntes Sender-Logo überdeckt werden musste.

Über Original-Ton verfügt lediglich der erste Teil der Serie, alle anderen Filme liegen nur in Deutsch vor.

Das Bonus-Material ist für solch einen Klassiker überaus spärlich ausgefallen. Dieses besteht aus ein paar Texttafel-Filmografien und zwei Trailern. Auf der letzten Disc findet sich dann noch der erwähnte Franco-Nachklapper, der jedoch von der Bildqualität eher minderwertig ist und überdies nur in Spanisch vorliegt.

Für kleines Geld ist die Box ihren Preis jedoch allemal wert!

Kommissar Lehmann

Autor: Kommissar Lehmann

Wenn ihr euch bewegt, sehe ich das!

4 Gedanken zu „DIE NACHT DER REITENDEN LEICHEN (OT: LA NOCHE DEL TERROR CIEGO, Spanien/Portugal 1971)“

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