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Fandom - was ist das?
     Die Gemeinschaft der Fans, einfach ausgedrückt. Aber in diesem Fall handelt es sich um ganz spezielle Fans. Nämlich um jene, die sich für Fantastik in jeglicher Form interessieren. Sei es Science Fiction, sei es Fantasy, sei es Mystery, Grusel, Horror, Gothik – handele es sich um Text, Bild, Hörspiel, Film, Rollen- oder Computer-Spiel oder was auch immer.
     Ich finde es immer wieder erstaunlich, daß kein anderes Genre es geschafft hat, ein Fandom hervorzubringen, das sich nicht nur konsumierend und autogrammsammelnd mit seinem Lieblingsthema befaßt, sondern selbst kreativ wird. Krimi, Western, Abenteuer, Arzt-, Fürsten-, Heimat- und Liebesromane, was auch immer – man kauft die Romane oder schaut sich die Filme an, und das war's. Gut, in Sachen Western gibt es die Country-Clubs und Vereine, die versuchen, im Rahmen ihres Clublebens die amerikanische Pionierzeit wieder aufleben zu lassen und nachzuempfinden. Aber das sind nicht unbedingt die Leute, die Wildwest-Romane lesen, sondern die sich um das Kulturgut und die Historie an sich kümmern. Zwei solchen Western-Clubs, einem davon als Gründungsmitglied, habe ich in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts selbst angehört, als ich noch mehr Freizeit hatte als heute.
     Aber in Sachen Fantastik ist das ganz anders. Denn hier kann man eigentlich nichts real existierendes nachempfinden, sondern – man läßt seine Fantasie treiben oder folgt der Fantasie des Roman- oder Drehbuchautors oder des Rollenspielleiters. Man sucht nach Gleichgesinnten, mit denen man diskutieren kann – etwas, das es bei Western und Krimis überhaupt nicht gibt.
     Beim Diskutieren bleibt es natürlich nicht. Man schreibt selbst Geschichten, sucht nach Veröffentlichungsmöglichkeiten. Man gründet einen Club oder Verein, man gibt ein Magazin heraus, in dem die eigenen Geschichten veröffentlicht werden können – und oft genug ist das auch das Sprungbrett zu den »richtigen« Verlagen.
     Dabei gibt's durchaus Fans, die es meiner bescheidenen Ansicht nach ein wenig übertreiben. Die sich auf ein bestimmtes Thema spezialieren und »ihre« Roman- oder TV-Serie für die einzig wahre halten und Andersdenkenden niederbeißen. Oder die selbst im Privatleben in Star-Trek-Uniform mit spitzen Plastikohren herumlaufen. Und es gibt eine weitere recht unangenehme Spezies, die ich in meiner aktiven Fan-Zeit kennenlernte und die leider bis heute nicht aussterben will – jene, die unbedingt Parteipolitik rechter oder linker Coleur in die Szene bringen wollen und jeden bekämpfen, der meint, man solle sich doch im Clubleben mit der Fantastik befassen und die parteipolitischen Interessen in den entsprechenden Parteiorganisationen ausleben. Bedauerlicherweise haben diese Politfreaks fast immer ein derart großes Maul, daß die meisten anderen, eher unbedarften Fans, die nur Spaß an der Freude haben wollen, sich ducken oder frustriert aus der Szene verschwinden.
SF-Tage Amsterdam 1983      Ich entstamme selbst dem SF-Fandom, dem ich allerdings etwa 1977 für lange Zeit den Rücken kehrte – aus eben diesen Gründen. Ich war und bin keiner, der sich duckt, aber ich sah einfach keinen Sinn mehr darin, ständig mit Leuten zu tun zu haben, die politisch orientierte Latrinenparolen gröhlten und das Hobby SF für ihren Mist instrumentalisierten. Sollten sie sich doch gegenseitig bekämpfen und niederbeißen – ohne mich.
     Aber niemand springt über seinen Schatten. Einmal Fan, immer Fan – und ich bin es bis heute geblieben. Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre entstand neben dem Science Fiction- und Fantasy-Fandom das Grusel- bzw. Horror-Fandom. Und in eben dieser Zeit etablierte ich mich als Autor, schwebte plötzlich ein paar Wolken höher. Ich war plötzlich einer von denen, deren Romane von den Fans gelesen wurden. Der bei Clubtreffen oder Conventions sich nicht mehr anmelden und Eintritt bezahlen mußte, sondern der eingeladen wurde. By the way: der erste Fanclub, der mich »entdeckte« und gleich zum Ehrenmitglied erkor, war der Marburger Horror-Club, heute bekannt als Marburger Verein für Phantastik e.V.. Und in diesem Verein fühle ich mich heute, nach weit über zwanzig Jahren der Zugehörigkeit, immer noch sauwohl.
     Einfach, weil's ganz tolle, sympathische Leute sind!
     Viele Clubs entstanden in jener Zeit und verschwanden im Laufe der Jahre wieder von der Bühne, und die wenigsten ihrer Mitglieder haben wohl begriffen, daß ich, der manchmal schon in geradezu peinlicher Weise vergötterte Autor, eigentlich einer von ihnen war. Tja, es ist nicht leicht, ein Gott zu sein …
Buchmesse-Con      Denn so viele Clubs es gab, so viele Clubtreffen wurden veranstaltet, zu denen die bevorzugten Autoren eingeladen wurden, mithin auch ich. Irgendwie muss man das alles mit privaten Interessen und der Arbeit koordinieren … und irgendwann war ich dann so verrückt, als Mitveranstalter den alljährlichen Buchmesse-Convent in Frankfurt/M. auszurichten. Club-unabhängig, für alle Freunde der Fantastik. Somit war ich plötzlich nicht nur Fan und   Gott   Autor, sondern auch (Mit-)Veranstalter eines ziemlich groß angelegten Fan-Treffs, der mit den Jahren immer größer wurde und sich mehr und mehr als Klotz am Bein erwies, denn Veranstaltungsräume mußten organisiert werden, das Programm geplant werden, mit Autoren und Verlagen geredet werden, um sie hinzuzuziehen oder am Programm zu beteiligen … dies und das mußte erledigt werden, meist in letzter Sekunde … aber es hat immer wieder Spaß gemacht.
Colonia-Con      Als sich abzeichnete, daß das »Horror-Fandom« bröckelte und vor sich hin starb, stellte ich die Weichen in Richtung Rollenspiel und Science Fiction als zusätzliche Themenbereiche. Das brachte nicht nur neue Besucher, sondern auch neue Perspektiven. Aber nach der zehnten Veranstaltung verabschiedete ich mich aus dem (damals ohnehin bis auf Olaf Hauk komplett wechselnden) Team und bin seither Buchmesse-Con-Rentner. Für zwei, drei Jahre war ich noch im Hintergrund aktiv, und aus Tradition natürlich auch immer wieder mit im Saal. Etwas, das man über Jahre mit aufgebaut hat, kann man nicht einfach fallen lassen. Inzwischen wechselte das Team ein weites Mal – diesmal schon nach nur fünf Jahren –, aber meine Hoffnung, daß die Macher ab 2002 im alten Geist weitermachen und die Veranstaltung nicht zu einem reinen SF- oder Rollenspiel-Con verkommen lassen, erfüllte sich nicht ganz. Irgendwie ist alles anders geworden, auch wesentlich unpersönlicher als einst, und niemand denkt mehr an das Ei, aus dem das alles einst schlüpfte – die Grusel-Horror-Mystery-Szene. Aber reine SF- und Rollenspiel-Treffen gibt es in Deutschland mehr als nötig.
Marburg-Convent      Die gesunde Mischung macht's!
     Ein paar Grusel-Clubs gibt's auch heute noch; z. B. den bereits erwähnten »Marburger Verein für Phantastik« und den »Dan Shocker's Fantastik-Club«, aber nur der erstere bringt noch sein Club-Magazin heraus, der andere dümpelt nur noch vor sich hin. Speziell der MVP betreibt auch intensive Nachwuchsförderung – alljährlich wird international der »Marburg-Award« für die beste Fantastik-Geschichte des Jahres ausgeschrieben und verliehen. Dazu demnächst mehr an anderer Stelle …
     Andere Clubs oder auch einzelne engagierte Fans haben ihre Aktivitäten ins Internet verlegt. Was zwar alle, die noch keinen Internet-Zugang haben, von besagten Aktivitäten ausschließt, aber über kurz oder lang wird es der richtige Weg sein.


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